Kapitel 4 - Union mit England

4.1. Personalunion und Bürgerkrieg

James, der gegen die Hinrichtung seiner Mutter lediglich der Form halber protestierte hatte, hielt sich auch in Sachen Religion in Schottland diplomatisch zurück. Um auch weiterhin seine Thronansprüche als Verwandter der kinderlosen Elisabeth von England nicht zu gefährden, stimmte er 1586 sogar dem Vertrag von Berwick zu. Dieser Vertrag war ein Schutzbündnis gegen Frankreich, den jahrhunderte alten Partner Schottlands.

Mit dem Tod von Elisabeth 1603 bestieg James VI. als direkter Verwandter und Nachkomme von Heinrich VII. den englischen Thron und wurde damit König James I. von England. Beide Länder wurden fortan in einer Personalunion von einem Monarchen regiert, behielten jedoch eigene Parlamente, ein separates Verwaltungs- und Rechtswesen sowie eine eigene Nationalkirche.
Nach dem Regierungsantritt James' zentrierte sich das politische Leben fortan um das englische London. Der König zog mit seinem gesamten Hofstaat von Edinburgh dorthin und kehrte nur noch ein einziges Mal (1617) nach Schottland zurück. Der pompöse englische Hof war für ihn attraktiver als der bescheidenere Hof Schottlands. James versuchte zwar, neu zu vergebende Ämter gleichmäßig mit Engländern und Schotten zu besetzen und eine weit gehendere Union der beiden Staaten voranzubringen. Verständlicherweise trafen diese Versuche jedoch bei der politischen Elite Englands auf wenig Gegenliebe und blieben in den Anfangsstadien stehen.

James' zweiter Sohn Charles I. wurde zwar in Dunfermline, in Schottland, geboren, wuchs jedoch in England auf und war bei seiner Thronbesteigung 1625 mit den schottischen Verhältnissen nicht sehr vertraut. Sein ältester Bruder Henry, der eigentliche Kronprinz, starb 1612 im Alter von 18 Jahren.

Die Schwester Elisabeth heiratete den deutschen Friedrich, Kurfürst von der Pfalz. Dieser wiederum wurde zum böhmischen König Friedrich V. gewählt, jedoch ein Jahr später und zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) ins Exil gezwungen und ging unter dem Titel "der Winterkönig" in die deutsche Geschichte ein.

Charles führte zwar die Royal Mail ein, machte sich unter anderem aber durch hohe Steuern, andere Abgaben und durch seinen extravaganten Lebensstil äußerst unbeliebt. John Knox Die größten Probleme im Umgang mit Schottland bereitete ihm aber sein vollständiges Festhalten am Gottesgnadentum der Krone, sowie sein Versuch, die episkopale anglikanische Kirchenordnung im schon seit 1560 calvinistisch reformierten Schottland durchzusetzen, in dem die Church of Scotland eine bischöflichen Hierarchie zugunsten der presbyterialen Kirchenverfassung ablehnte. Der Unwille des Volkes darüber zeigte sich deutlich im Aufruhr in Edinburghs St. Giles'. Als dort erstmals die neue Liturgie eingeführt wurde, beschwor das den Zorn der von John Knox (1505-1572) reformierten Gemeinde herauf. Ein Teil verließ die Kirche und protestierte davor lautstark - schließlich sollen sogar Stühle geflogen sein, und der Bischof musste in einer geliehenen Kutsche Hals über Kopf fliehen. Das Ganze gipfelte 1638 darin, daß sich der reformierte schottische Adel und das Bürgertum in dem so genannten National Covenant zusammenschlossen. In dieser Erklärung erkannte sie klar und deutlich die weltliche Herrschaft des Königs an. Sie forderten aber mit Nachdruck die Unabhängigkeit der neuen, reformierten Kirche von weltlichen Einflüssen und die Abschaffung der alten Hierarchien zugunsten eines Presbyteriums. Die Mitglieder der Bewegung nannten sich seitdem "Covenanters".

1638 nutzte diese einflussreiche Gruppe die Generalversammlungen der schottischen Nationalkirche (unter dem Moderator Alexander Henderson) und des schottischen Parlaments, um das Bischofswesen abzuschaffen - in Schottland lag eine Revolution in der Luft.

Auf ähnliche Widerstände stieß Charles I. auch in England. Hier regierte er als absoluter Souverän seit 1629 sogar ohne das ihm unbequeme Parlament. Doch genau dieses Parlament musste er 1640 wieder einberufen, um ausgerechnet die Bekämpfung der religiösen Unruhen in Schottland zu finanzieren. Aus den alten Differenzen zwischen dem König und dem englischen Parlament in England entbrannte sehr bald der Bürgerkrieg, der von 1642 bis 1648 andauerte. In seinem Verlauf setzt das puritanisch dominierte englische Parlament die neu geschaffene New Model Army unter Oliver Cromwell (1599-1658) gegen den König ein. Diese Armee war erstmals in der britischen Geschichte ein Söldnerheer, das sich aus Gesinnungstreuen des Parlaments zusammensetzte. Im Sommer 1643 unterzeichnete das englische Parlament einen "Solemn League and Covenant". Dieser Akt verpflichtete es den Covenanters gegenüber, um des schottischen Beistandes Willen gegen die Royalisten, den Presbyterianismus auch in England und Irland einzuführen und dazu auch noch eine hohe Geldsumme zu zahlen. Unterdessen bildete sich in Schottland unter James Graham, dem Grafen von Montrose, eine Royalistenstreitmacht in den Highlands, die die Covenanters bitter bekämpfte, jedoch niemals die Unterstützung der Lowlands erlangte und mit der Niederlage des Königs aufgelöst wurde.

Zunächst kämpften die Mehrzahl der Schotten also für die Sache des englischen Parlaments, aber das änderte sich, als sich Charles der schottischen Armee ergab. Er lehnte es allerdings ab, die presbyterianische Kirche in England zu etablieren, und so übergaben die Schotten ihren König an die Puritaner. Das sollten sie jedoch bald bereuen, denn die Engländer ließen Charles am 30. Januar 1649 vor Whitehall hinrichten. Die an sich königstreuen Schotten waren über die Hinrichtung des Königs derart entsetzt, daß sie seinen Sohn in Edinburgh kurz danach zum König ausriefen und am 1. Januar 1651 in Scone inthronisierten. Charles II. sollte der letzte König sein, der dort gekrönt wurde. Die Krönung brachte Oliver Cromwell auch in Schottland auf den Plan: 1650/51 schlug er mit seinen Elitetruppen, den Ironsides, die Schotten zunächst bei Dunbar und dann später nochmals bei Worcester in England. Charles kämpfte an der Spitze des schottischen Heeres, doch nach seiner Niederlage in Worcester mußte er auf einer abenteuerlichen Flucht ins Ausland fliehen. Schottland wurde danach von Cromwell besetzt. Bis 1654 erstickte sein General Monk auch den letzten royalistischen Widerstand im Hochland. Insgesamt dauerte die Besetzung Schottlands bis zum Tod Oliver Cromwells (1658). Obwohl Cromwells Sohn die Nachfolge seines Vaters antrat, hatte er längst nicht dessen Persönlichkeit und Durchsetzungsvermögen geerbt und wurde abgesetzt. Das von Monk neu einberufene Parlament sorgte für die Restauration der Monarchie, indem es Charles einlud, nun auch den englischen Thron zu besteigen.

4.2. Killing Times

Nach seiner Deklaration von Breda im Jahr 1660, in der er für jedermann Religionsfreiheit versprach, wurde Charles II. in London inthronisiert und brachte dann beiden Königreichen den Frieden. Obwohl er in religiösen Angelegenheiten zunächst zurückhaltend war, betrachtete Charles aber die extreme Partei der Covenanters in Schottland als Bedrohung seiner dortigen Autorität. 1662 widerrief er den von ihm zunächst widerstrebend unterzeichnete Covenant und setzte dafür in der Kirche das Episkopat wieder ein. Charles betrat nie wieder schottischen Boden. Stattdessen ließ er sich dort durch John Maitland, den Herzog von Lauderdale, vertreten. Dieser versuchte ebenfalls mit Nachdruck das Episkopat in Schottland durchzusetzen. Das Ergebnis war, daß es besonders in dem im Südwesten liegenden Dumfries and Galloway zu blutigen Auseinandersetzungen kam. Zwei Aufstände gab es 1666 und 1679 (das Pentland Rising und die Schlacht bei Bothwell Bridge) - sie wurden beide blutig niedergeschlagen. Die Anhänger des Covenants trafen sich in Konventikeln, die in Privathäusern oder sogar unter freiem Himmel Gottesdienste abhielten, und teilweise sogar von bewaffneten Männern bewacht wurden.

Auf der einen Seite gab es die moderat reformierten Königstreuen, auf der anderen die extremen, reformierten Anhänger des Covenant. Lauderdale wurde schließlich vom Bruder des Königs, James, Herzog von York, abgelöst und das Königshaus versuchte per Gesetz - dem so genannten Test Act von 1681 - die Kirche unter Kontrolle zu bringen. Dieser Versuch und die damit verbundene Verfolgung der Presbyterianer gipfelten in einer Zeit fürchterlicher Kämpfe und Blutbäder. Sie ging in die Geschichte ein als die Killing Times - die "Jahre des Tötens" -, die ihren Höhepunkt zwischen 1681 und 1689 erreichte und damit über den Tod von Charles hinaus andauerten.

In seinem historischen Roman Ringan Gilhaize (1823) beschreibt John Galt sehr drastisch über drei Generation - von der Reformation bis zu den "Killing Times" - die Zeit der religiös motivierten Tumulte in Schottland. Charles II. starb ohne legitime Nachkommen am 6. Februar 1685. Wilhelm von Oranien In England war er - besonders beim einfachen Volk - populär gewesen. Er war ein Freund der Künste und wurde allgemein als der fähigste Stuart-König anerkannt. Charles war jedoch ein durchtriebener Politiker. Er hatte die Fähigkeit zu erkennen, wann der richtige Moment für Kompromisse aber auch für rücksichtsloses Durchgreifen gekommen war. Der Herzog von York bestieg 1685 als James II. den englischen Thron und wurde damit James VII. in Schottland. Äußerst fähig und ebenfalls populär, beging er, nach dem übrigens New York benannt wurde, allerdings einen großen Fehler, als er versuchte, Großbritannien zu rekatholisieren. Als dann sein einziger Sohn James, der künftige Thronfolger aus zweiter Ehe, dann auch noch katholisch getauft wurde, befürchtete die Mehrzahl der englischen Protestanten eine langfristige Dominanz des Katholizismus durch ein weiterhin katholisches Königshaus der Stuarts. In der Glorious Revolution von 1688 beschloss das englische Parlament in London mit der Mehrheit der Whigs, James VII. abzusetzen und der protestantische Tochter von James - Mary - und deren protestantischen Ehemann William von Oranien, Statthalter der Republik der Sieben Vereinigten Niederlanden, den Thron anzutragen. Nach diesem unblutigen Umsturz floh James VII. ins französische Exil.

Das schottische Parlament in Edinburgh erkannte Wilhelm ebenfalls als König an, es gelang ihm in der Folge, wie dem englischen Parlament, seine Rechte zu mehren. So mußte es fortan regelmäßig einberufen werden und führte den Presbyterianismus wieder als Staatskirche ein. In den schottischen Highlands hingegen war die Unterstützung des rechtmäßigen Stuart-Königs noch sehr groß.

William ließ die zögernden Clanchiefs des Hochlands unter Druck einen Treueid auf die Fahne schwören, was von den meisten nur äußerst widerstrebend befolgt wurde. Die Jakobiten waren Stuart-Anhänger, die sich in England, Irland und vor allem in Schottland nach diesem, ihrem ehemaligen König James benannten. Sie hielten in der Folge besonders im schottischen Hochland an der Stuart-Dynastie fest. In uralter Tradition fühlten sich dort die Clanchiefs und Feudalherren trotz religiöser Differenzen durch ihren Treueid dem König verbunden. Jetzt trat die bisher ungekannte Situation ein, daß der neue, protestantische König William von ihnen eben diesen Treueid forderte, während der ins Exil geflohene James noch lebte. Als dann aber der Chief der MacDonalds von Glencoe um fünf Tage verspätet zu der Eidesleistung eintraf, sah William die Möglichkeit, ein Exempel zu statuieren.

Er ließ 1692 durch seinen schottischen Vertreter im Tal Glen Coe ein Massaker unter den Angehörigen des MacDonald-Clans anrichten. Selbstverständlich trat im Hochland genau das Gegenteil von dem ein, was William beabsichtigt hatte - dort waren nach diesem Pogrom die Sympathien für London endgültig auf dem Gefrierpunkt angelangt. Zu jener Zeit lebte auch eine der schillernsten Figuren der schottischen Geschichte: Robert MacGregor (1671-1734), genannt "Rob Roy", der in Robin Hood ähnlicher Manier sein Unwesen trieb, viele Überfälle unternahm aber dennoch friedlich zu Hause starb. Sir Walter Scott widmete sich hingebungsvoll dieser person, die das Schottische wie kein Anderer verkörperte.

4.3. Volle Union

Nach dem Tod Williams (1702) wurde seine Schwägerin Anne (die jüngere Tochter von James VII./II.) Königin von England und Schottland. Sie war die letzte Stuart-Königin, und unter ihrer Herrschaft wurden 1707 erfolgte die Verwirklichung der Realunion Englands und Schottlands. Nach 1705 schien eine volle Union weiter entfernt denn je. Durch eine Reihe von wechselseitig aggressiven Handlungen und Gesetzen war das anglo-schottische Verhältnis auf einem Tiefpunkt angelangt:

Der Versuch der 1696 gegründeten Company of Scotland, eine Kolonie im heutigen Panama aufzubauen, wurde aus außen- und wirtschaftspolitischen Gründen von der englischen Regierung sabotiert. Das Scheitern dieses Plans ging als Darien-Desaster in die Geschichte ein und stellt wohl das größte wirtschaftliche Debakel der schottischen Geschichte dar. Fast ein Drittel des gesamten verfügbaren schottischen Kapitals ging dabei verloren. Hinzu kamen Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie zahlreiche Missernten in den 1690er Jahren, so daß Schottlands wirtschaftliche Lage zu Beginn des 18. Jahrhunderts äußerst prekär war. Zusätzlich hatte das schottische Parlament 1703 durch den Act of Security faktisch den englischen Act of Settlement für Schottland außer Kraft gesetzt und die Möglichkeit einer separaten Thronfolge in den beiden Ländern geschaffen und beanspruchte zusätzlich, zukünftig die schottische Außenpolitik zu lenken (Act Ancient Peace and War). Das englische Parlament reagierte auf diese Entwicklung mit einem Handelsembargo und der faktischen Behandlung aller Schotten als Ausländer, bis die Frage der Nachfolge sowie der politischen Union geklärt sei ("Alien Act").

Die erfolgreichen Unions-Verhandlungen 1706/1707 boten für beide Länder Vorteile: Die schottische Wirtschaft konnte daran gehen, sich zu sanieren, da sie fortan unbegrenzten Zugang zu den für Schottland lebenswichtigen Märkten in England (und zusätzlich dessen Kolonien) hatte. Der schottische Staat, der infolge des Darien-Debakels faktisch bankrott war, konnte seine Schulden nunmehr auf London abwälzen und die Gläubiger der Scotish Company wurden durch England vollständig entschädigt. England hingegen konnte nun die protestantische Erbfolgeregelung des Act of Settlement in beiden Ländern durchsetzen und mußte nicht mehr befürchten, daß Schottland das alte Bündnis mit Frankreich, die Auld Alliance, erneuerte und dadurch die Nordflanke Englands im Spanischen Erbfolgekrieg plötzlich feindlich wäre.

Die Ratifizierung der Unionsakte kam allerdings nur unter großem Protest der Bevölkerung zustande: Im neu entstandenen Vereinigten Königreich Großbritannien galt die protestantische Erbfolgeregelung des Act of Settlement. Das Parlament in Edinburgh wurde aufgelöst und Schottland entsandte fortan 45 Commons und 16 Peers ins neue britische Parlament nach Westminster. Die Eigenständigkeit der Church of Scotland und der Erhalt des schottischen Rechtssystems wurden garantiert und erhebliche wirtschafts- und steuerpolitische Konzessionen an Schottland festgesetzt. 1714 starb Königin Anne. Das jetzt britische Parlament holte Georg von Hannover, den deutschen Nachkommen von James VI./I., als Georg I. an die Themse. Dieser König Georg fühlte sich jedoch nicht wohl in der Rolle: Er verstand zu wenig von der britischen Mentalität und der Politik. Hinzu kam, daß er die Sprache nicht beherrschte. So mußte er sich von einem Prime Minister, dem ersten in der britischen Geschichte, vertreten lassen.

4.4. Die Jakobitenaufstände

Die Geschehnisse in Schottland waren nach der Flucht von James VII. nach Frankreich im Dezember 1688 absolut undurchsichtig und widersprüchlich. Keine einzige größere Stadt unterstützte den katholischen König oder kam ihm zu Hilfe. Selbst Aberdeen, einst eine Bastion der Stuarts, erkannte jetzt Mary und William an. Es gab keine Opposition. Während es in England so ausgelegt wurde, als habe James mit seiner Flucht gleichzeitig auf den Thron verzichtet, trat das schottische Konventionsparlament am 4. April 1689 mehrheitlich dafür ein, James die Krone abzunehmen.

John Graham fo Claverhouse

In Schottland war diese Entscheidung aus einem einzigen Grund heraus getroffen worden - das Parlament sah die Monarchie seit Hunderten von Jahren als eine vertraglich gebundene, fast konstitutionell zu nennende Monarchie an. Das wurde schon in der Deklaration von Arbroath ganz klar festgelegt - nur schienen sich die nachfolgenden Monarchen daran nicht mehr erinnern zu wollen. Diese Willenskundgebung wurde 1320 nach den fürchterlichen Jahren des Zweiten Interregnums und der Unabhängigkeitskriege aufgesetzt. Damals hatten die Menschen noch immer deutlich unter Eindruck der englischen Besetzung und des Banns, den die Kirche über den König und größten Helden Schottlands - Robert the Bruce - verhängt hatte, gestanden. So waren die meisten führenden schottischen Persönlichkeiten in der Abtei von Arbroath zusammengetroffen, hatten eine Sinneserklärung im besten und geschliffensten Latein verfasst und sie an Papst Johannes XXII. geschickt.

In diesem Manifest hatte die Führungsschicht des Landes - Landherren und Fürsten, hohe Bürger und die gesamte kirchliche Obrigkeit - ihre Entschlossenheit, die Unabhängigkeit Schottlands zu verteidigen, betont. Gleichzeitig hatten sie Robert The Bruce auch weiterhin unterstützen wollen - es sei denn er würde sich den Feinden des Landes (also an erster Stelle dem englischen König) beugen. Diese "Deklaration von Arbroath" hat nie den Bekanntheitsgrad wie die berühmte Magna Carta erreicht, die 1215 - knapp 100 Jahre zuvor - von der englischen Obrigkeit dem dortigen König John aufgezwungen und zur Unterzeichnung vorgelegt wurde. William war protestantisch und der Sohn Marys, der Tochter von Charles I. William heiratete Mary, die Tochter von James VII., die, wie er selbst, eine Protestantin war. Für einige war das die perfekte protestantische Alternative zu dem katholischen James. Erstmals erhoben sich in Schottland die katholischen Royalisten 1689 unter der Führung von John Graham of Claverhouse, genannt Bonnie Dundee. Im April 1689 hisste er auf dem Dundee Law die Fahne von James VII.

Im Juli desselben Jahres stand Bonnie Dundee dann schon an der Spitze eines Aufstands des Hochlands und schlug die Regierungstruppen bei Killiecrankie. Diese Schlacht dauerte nur rund zehn Minuten - aber sie war mörderisch. Mehr als 30% der Kampfkräfte Dundees, die ursprünglich 2000 Mann umfassten, und wahrscheinlich 60% der doppelt so großen gegnerischen Streitmacht unter der Führung General Mackays wurden in dieser kurzen Zeit getötet. Killiecrankie hätte das Tor zum Norden Schottlands aufstoßen und damit König James zurückbringen können. Das Schicksal dieses Aufstands wurde aber durch eine verirrte Kugel entschieden, die Bonnie tötete; die Hochländer waren nun ohne starke Führung. Wenige Wochen später, nach einer anderen kurzen, aber ebenso mörderischen Schlacht in Dunkeld zogen sie sich einfach zurück in ihre Heimatgebiete. Insgesamt dauerte dieser erste Aufstand 13 Monate, und endete in Irland mit der Niederlage von Williams Schwiegervaters James in der Schlacht am Boyne. Auch heute wird in Nordirland noch jedes Jahr dieser Schlacht gedacht, und ihr Ausgang ist eine wesentliche Ursache des andauernden Nordirland-Konflikts. Gleichzeitig mit dem Ende des Aufstands wurde die presbyterianische Kirche endgültig in Schottland etabliert.

Es war aber auch der Beginn des Wegs in Richtung der parlamentarischen Union zwischen England und Schottland. Schließlich entwickelte die Regierung nach Killiecrankie erstmals auch Pläne zur Kontrolle des bis dahin unwegsamen Hochlandes. Der regierungstreue Campbell of Breadalbane, ein Mitglied des mächtigsten Clans Schottlands, hatte die Idee, daß jeder einzelne der Clanchiefs einen Treueid auf König Wilhelm leisten sollte. Das war ein schicksalsträchtiger Einfall, denn sie führte zu dem bereits beschriebenen Massaker von Glencoe, das tiefste Empörung in der Bevölkerung auslöste. Die Regierung sah sich gezwungen, eine Untersuchungskommission einzusetzen, was, wie so oft, ohne wirkliche Konsequenzen für die Führungsschicht des Landes blieb. Der Vorfall rief aber im westlichen Hochland viel Sympathie für die Jakobiten hervor. Sehr schnell wurde nämlich klar, daß der König in London sich herzlich wenig für schottische Belange interessierte. Er ratifizierte englische Gesetze des englischen Parlaments, die die englischen Kolonien stärkten und den englischen Handel beschützten, Schottland aber von allem ausschlossen.

Der schottische Finanzexperte William Paterson, der in London die Bank of England gegründet und in England ein Vermögen gemacht hatte, dachte zu diesem Zeitpunkt, er hätte eine Lösung für das Dilemma. Er gründete die Scottish Trading Company - eine Schottische Handelsgesellschaft - und plante, eine Kolonie in der Region des heutigen Panama zu gründen. Da die englische East India Company dazu in Opposition stand, wurden englische Kaufleute davon abgehalten, in diesen Plan zu investieren und das Ganze wurde eine rein schottische Angelegenheit. Die Hälfte des gesamten Kapitals Schottlands wurde in Patersons Gesellschaft gesteckt, aber das Abenteuer endete als Desaster: Das ausgewählte Gebiet war malariaverseucht, und die schottischen Siedler wurden von spanischen Kolonialisten angegriffen. Der König gab ausdrückliche Anweisungen, den schottischen Siedlern keine Hilfe zu gewähren. Nach dem Zusammenbruch der Kolonie war das investierte Geld verloren, und mehr als 2000 schottische Siedler kamen ums Leben, bevor der ganze Plan endgültig aufgegeben wurde. Schottland war buchstäblich bankrott.

Die parlamentarische Union wurde erst im Jahre 1700 langsam ein politisches Thema in England. Die zukünftige Königin Anne verlor nämlich mit dem Tod von William, Herzog von Gloucester den letzten möglichen Nachfolger. Er war das jüngste ihrer 17 Kinder - seine Geschwister waren schon alle vor ihm gestorben. Die englische Act of Settlement von 1701 machte es danach für Katholiken grundsätzlich unmöglich, zu regieren oder ein Staatsamt zu bekleiden. Das Schottische Parlament bestimmte darüber hinaus, daß die Nachfolge Annes durch das Haus Hannover erfolgen sollte. Da sie nun kinderlos war, bestimmte Anne die Kurfürstin Sophia von Hannover zu ihrer Nachfolgerin. Diese war die fünfte und einzige protestantische Tochter von Elisabeth von Böhmen, und damit eine Enkelin von James VI./I.

1703 verabschiedete das schottische Parlament ein Gesetz, das verhindern sollte, daß Schottland durch die Nachfolger Annes in kriegerische Unternehmen außer Landes hineingezogen wurde. Im Gegenzug beschloss Annes Regierung 1705 die so genannten "Alien Act". Dieses Gesetz drohte, alle Schotten außerhalb Englands als Ausländer zu behandeln und sie so vom Handel mit England und seinen Kolonien auszuschließen - Schottland war in die Enge getrieben. Viele schottische Adlige, unter ihnen der Herzog von Argyll und der Herzog von Queensberry, sahen daraufhin in der parlamentarischen Union mit England den einzigen Weg, die Interessen Schottlands aufrechtzuerhalten und zu schützen. Die Unionsvereinbarung (Treaty of Union) wurde am 16. Januar 1707 mit einer Mehrheit von nur 43 berechtigten Stimmen, aber gegen den Wunsch von mindestens 75% der Bevölkerung Schottlands vom Schottischen Parlament ratifiziert.

Nachfolgerschaft der Stuarts zu Grunde lag. Das wird durch die Aufstände der Jakobiten in den Jahren 1715, 1719 und letztlich 1745 vollends klar, doch dazwischen und nur ein Jahr nach der Union fand 1708 schon eine Rebellion statt. Im Quadrat zwischen dem im Exil lebenden Hof von James VII./II., dem unzufriedenen schottischen Tieflandadel, den Hochlandchiefs und der französischen Regierung wurde von 1700 an und in den darauf folgenden 40 Jahren zunächst von Frankreich, und später auch von Rom aus immer wieder ein doppeltes Spiel gespielt: Französische Hilfe hing jeweils davon ab, ob weitgehende Unterstützung eines Aufstands in Schottland selbst gewährleistet schien. Dagegen war das schottische Engagement wiederum davon abhängig, wie weit militärische Unterstützung und Material von Frankreich aus zugesichert wurden. Nur ein Jahr nach der Union zwischen England und Schottland wollte Louis XIV. von Frankreich 1708 die Streitmacht Englands erneut aufspalten. Er stattete dazu James, den Old Pretender, mit einer Flotte und sechshundert Mann aus. Schlechtes Wetter und mehrere englische Schiffe, die auf der Bildfläche erschienen, vereitelten die geplante Invasion. 1715 hisste der Graf von Mar am 6. September in Braemar die Standarte von James zum ersten richtigen Aufstand der Jakobiten. Schon bald darauf stand Mar an der Spitze einer Streitmacht von 12.000 Hochländern. Er war aber als Führer der Aufständischen der ganzen Sache bei weitem nicht gewachsen, sondern zögerte und versäumte es, die Initiative zu ergreifen. Als er schließlich auf Stirling zu marschierte, wurde er nicht weit davon bei Sheriffmuir abgefangen.

Dort kam es zu einer Schlacht, die unentschieden endete. Der "Old Pretender" war noch im Dezember in Peterhead gelandet und hatte versucht, dem Aufstand den dringend notwendigen Rückhalt und den Schwung zu geben. Trotzdem schmolz die Unterstützung der Hochländer nach der Schlacht von Sheriffmuir; das Unternehmen schlug fehl, denn die großen Städte Schottlands hielten fest zur jetzt gesamtbritischen Regierung. Zusätzlich brachte der Graf von Sutherland den äußeren Norden Schottlands gegen die Aufständischen auf und gewann sie für die Seite der Hannoveraner. Die Jakobiten erhielten keinerlei Unterstützung von Frankreich, denn nach dem Tod von Louis XIV. versuchte der Regent Orléans ein Friedensabkommen und sogar ein Bündnis mit England zu schließen. So setzten sich dann auch beide - Mar und der "Old Pretender" - am 4. Februar 1716 auf den Kontinent ab.

Während der Aufstand von 1715 noch das Interesse der Jakobiten in Schottland vertreten hatte, konnte der Versuch von 1719 nur als eine Auswucherung der Diplomatie des spanischen Kardinals Alberoni betrachtet werden. Bonnie Prince Charlie Dieser versuchte, seine eigenen politischen Ambitionen in Europa durchzusetzen, indem er Britannien mit einer Flotte aus 27 Schiffen und 5000 Mann angreifen wollte. In einer zweiten Front versuchte er wieder mit der alten Taktik die Verteidigungskräfte aufzuspalten, wobei er sich geschickt der schottischen Frage bediente. Alberoni förderte einen Störüberfall auf den Nordwesten Schottlands und setzte dazu zwei Fregatten und einige hundert Mann unter der Führung des schottischen fünften Grafen Seaforth ein. Diese Streitmacht wurde aber noch im Juni des selben Jahres in der Schlacht im Tal von Glen Shiel von den Armeeinheiten der Regierung aufgerieben, nachdem die Seaforth-Festung der MacRaes - Eilean Donan Castle - von Regierungsschiffen unter Beschuss genommen und dann gesprengt worden war. Der 1745er Aufstand war ebenfalls nicht spontan. Er kam aus zwei Gründen zustande: erstens durch die diplomatische Situation in Westeuropa und zweitens auf Grund der Persönlichkeit des jungen Charles Edward Stewart, Bonnie Prince Charlie. Der erste Sohn von James Francis Edward Stewart und der polnischen Prinzessin Maria Clementina Sobieski wurde 1720 in Rom geboren und sprach fließend Latein, Italienisch, Französisch, Englisch und Gälisch. Aus Frankreich kommend, hisste er am 19. August 1745, wenige Tage nach seiner Landung bei Glenfinnan, im Zeichen der Rebellion seine Standarte.

Mit 5000 Hochländern verschiedener Clans marschierte er auf Edinburgh zu und begegnete bei Prestonpans den Regierungstruppen auf dem Schlachtfeld, die dabei von ihm vernichtend geschlagen wurden. Die Stadt - nicht jedoch die Burg - fiel Charles danach mehr oder wenige in seinen Schoß. Für gut sechs Wochen residierte er danach sogar im Palast von Holyroodhouse und gab dort auch noch einen großen Ball, auf dem er, so heißt es, die Damen nur so verzaubert habe. Doch die Kontrolle über Schottland reichte ihm nicht aus: Mit seiner auf 5000 Mann angeschwollenen Hochlandarmee marschiert Charles Edward bald danach in England ein, wo er sich noch größeren Zulauf von den englischen und irischen Jakobiten erhoffte. Diese Erwartung aber wurde enttäuschte: Die englische Seite war vorsichtiger. In schnellen Aktionen wurden jedoch die Städte Lancaster und Manchester, eingenommen. Im Dezember stand er schon vor Derby, nur knappe 150 km von dem völlig unvorbereiteten London entfernt.

Das schnelle Vordringen der Jakobitenarmee löste bei Hof und in der ganzen Stadt Panik aus. König Georg II. wurde neben der Jakobitenarmee auch noch fälschlicherweise die Landung von 10.000 Soldaten aus Frankreich an der englischen Südküste angekündigt. Genau zu diesem Zeitpunkt beging jedoch Charles den strategisch entscheidenden Fehler. Anstatt weiter auf das völlig überraschte London vorzurücken, wurde er von seinen Hochländern zum Rückzug nach Schottland gezwungen, um dort die Truppen erneut aufzubauen. Jetzt erst schickte die Regierung den Sohn König Georgs II. - Wilhelm August, Herzog von Cumberland - hinter ihm her. Von da an war die Sache der Stuarts verloren. Die Hochlandarmee schlug in der Schlacht bei Falkirk am 17. Januar 1746 noch einmal britische Truppen unter Generalleutnant Henry Hawley, zog sich aber tatsächlich zurück bis hinauf nach Inverness.

Am 16. April 1746 wurde diese total erschöpfte, hungernde und schlecht ausgerüstete Armee von knapp 5.000 Mann vor den Toren der Stadt, bei dem Dörfchen Culloden vernichtend geschlagen. Ihr stand eine gut ausgerüstete, disziplinierte und trainierte Armee in Stärke von 9000 Mann unter dem Kommando von Cumberland gegenüber. Cumberland hatte nie zuvor eine Schlacht gewonnen. Mit seiner fast doppelt so starken Übermacht aus regulärer Armee und zusätzlich ausgehobenen Truppen unter besserer und stärkerer Bewaffnung brauchte er aber nur knapp 25 Minuten, um die Clanarmee zu vernichten, und er kannte dabei keine Gnade. In England wurde Cumberland nach seinem Sieg in Culloden als großer Retter gefeiert. In Schottland schimpfte man ihn fortan nicht ohne Grund den "Schlachter". Der Prinz entkam. Auf seiner Flucht irrte er fünf Monate lang kreuz und quer durch das Hochland und über die Inseln. Trotz und nach allem, was die Menschen des Hochlands mit ihm und durch ihn erlitten hatten und trotz der unglaublichen Belohnung von £30.000, die auf seinen Kopf ausgesetzt war, halfen sie ihm während dieser Flucht, denn sie waren dem alten Königshaus noch immer treu ergeben. Er wurde versteckt und entkam mit Hilfe der im Hochland auch heute noch als Heldin gefeierten Flora MacDonald in Frauenkleidern.

Als Zofe Betty Burke verkleidet, ruderte, er zusammen mit Flora in einer höchst abenteuerlichen Fahrt über das Meer zu der Insel Skye. Am 20. September 1746 schaffte Bonnie Prince Charlie es endlich, sich heimlich im Gebiet von Moidart, wo seine Expedition etwas über ein Jahr zuvor begonnen hatte, einzuschiffen und nach Frankreich zu segeln. Die Menschen, die ihm geholfen hatten und an ihn glaubten, ließ er zurück - um sie "kümmerten" sich in berüchtigt, brutaler Manier Cumberland und die Regierungsarmee. Charles Edward Stewart ging zurück auf den Kontinent und lebte ohne zurückzuschauen ein Leben voller Ausschweifungen.

Die Regierung reagierte auf diesen letzten Aufstand sehr entschieden und mit drakonischen Maßnahmen. Über das bereits in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts ausgebaute Wege- und Straßennetz wurden Truppen ins Hochland gebracht, und dort an strategisch wichtigen Punkten in Militärbastionen, wie dem speziell dafür gebauten riesigen Fort George, in der Nähe von Inverness, postiert. Die am Aufstand beteiligten Clanchiefs und oft auch die Clanmitglieder mußten ins Ausland fliehen oder wurden nach Schauprozessen hingerichtet. Die gälische Sprache, die Hochlandkultur wie zum Beispiel das Tragen der traditionellen Hochlandkleidung und das Dudelsackspielen wurden verboten. Ein Großteil des alten gälischen Kulturgutes versiegte für immer. Die Wirtschafts- und Sozialstruktur im Hochland wurde drastisch geändert. Was blieb, war aber die romantische Erinnerung an den letzten katholischen Stuart - Bonnie Prince Charlie.

4.5. Die Schottische Aufklärung

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war Schottland noch eines der ärmsten Länder in Europa. Die Landwirtschaft war primitiv und Industrie existierte praktisch nicht. Die einzigen Exportprodukte waren Tierhäute, Holz, Kohle, Salz und gelegentlich noch Wolle oder Leinen. Doch nur ein Jahrhundert später war Schottland schon auf dem besten Weg, eine der blühendsten Wirtschaften der damaligen Zeit zu entwickeln. Zunächst begann aber gleichzeitig mit den Clearances auch die Zeit der schottischen Aufklärung. Sie brachte buchstäblich eine Explosion des Geistes hervor.

Es scheint, als wenn die Energien Jahrhunderte langen Kämpfens plötzlich umgeleitet worden waren und statt Freiheitshelden jetzt Persönlichkeiten auf den Gebieten der Kunst und Literatur, der Wissenschaft, Technik und der Architektur hervorbringen konnten. Die Wurzeln dafür lagen in der Zeit, als die wirtschaftliche Entwicklung nach der Union von 1707 und das Ende der Jakobitenaufstände eine grundlegende Änderung der Bodennutzung brachten. Ebenfalls trugen die Erkenntnisse und Erfahrungen der Land- und Bodenbesitzer, die sie auf ihren europäischen Reisen, der so genannten "Grand Tour" gewonnen hatten, ganz entschieden dazu bei. Nach Schottland zurückgekehrt, setzten sie diese Kenntnisse in die Tat um, verbesserten sie zum Teil und passten sie den Bedingungen des Landes an. Die Zeit nach Culloden sah eine Wandlung in Schottland.

Statt einer ständigen Opferung für das sich ausbreitende Imperium Britannien englischer Prägung, nahm man die Herausforderung an - und übernahm es. David Hume (1711-1776) Der Zusammenbruch des jahrhundertealten, zurückschauenden Kults von Ehre und Tapferkeit schuf Platz für eine blühende und nach vorn schauende Modernität. Nur 20 Jahre nach der Schlacht wurden die Städte Glasgow und Edinburgh bekannt als die Städte von Geist und Genie. Zu dieser Zeit konnte nämlich schon der schottische Romancier Tobias Smollet (1721-1771) seinen Helden Matthew Bramble in dem Briefroman Humphrey Clinker (1771) feststellen lassen: "Edinburgh ist eine Brutstätte des Genies". Innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Periode von nur wenigen Jahrzehnten entwickelte sich dort eine geistige Elite, die selbst auf dem Kontinent ihresgleichen suchte. Sie setzte sich aus einer großen Anzahl Männer zusammen, die mit ihren Werken nicht nur dem Land ein umfangreiches kulturelles, technisches und wirtschaftliches Erbe hinterließen, sondern auch der Nachwelt unserer Zeit einen schier unermesslichen Schatz gültiger Erkenntnisse und Techniken gegeben haben.

Das Scottish Enlightenment hatte sein Zentrum in Edinburgh, denn hier wurde ein neues Schottland geboren. Der unersättliche Appetit für Fakten und Vermögen gebar ein sich ständig vergrößerndes Potential von Wissenschaftlern und Künstlern. So wurde denn auch eine erste - die erste - Fortschrittstheorie in Britannien von schottischen Philosophen - David Hume (1711-1776) und Adam Fergusson (1723-1816) - entwickelt. Sie erkannten in der historischen Tragödie ihres eigenen Landes die gesamte Spannweite der humanen sozialen Entwicklung: von Sammlern und Jägern über eine etablierte Landwirtschaft bis hin zur wahren Zivilisation - der kommerziellen, industriellen und wissenschaftlichen Welt der Städte. Der wohl offensichtlichste Ausdruck dieser Aufklärungsperiode ist so noch heute in der New Town von Edinburgh zu sehen.

Adam Smith (1723-1790)

George Drummond, dem sehr weitsichtigen Bürgermeister, ist es zu verdanken, daß sich das Bild der Stadt und deren Situation angesichts der Übervölkerung der Altstadt derart drastisch verändern konnten. Große Architekten wurden im 18. Jahrhundert in Schottland geboren oder kamen nach Aufenthalten in England zurück nach Schottland. Teilweise sind deren Spuren dort auch noch zu bewundern. Einer der größten überhaupt war Robert Adam, der die Edinburgher Anlage um Charlotte Square in der New Town konzipierte. Er hat in dieser Stadt eine große Anzahl herrlicher Gebäude und verteilt über ganz Großbritannien prächtige Herrenhäuser und Schlösser hinterlassen. Noch heute wird dieser in Kircaldy am Forth geborene Mann in Britannien als der erste Stilkönig in der Architektur anerkannt.

Er entwarf und baute unter anderem für den Adel und die neureichen englischen Wirtschaftsbarone die Paläste, die in ihrer puren, neoklassischen Erscheinung noch immer die von den Eigentümern gewünschte römische Größe ausstrahlen. Der Schotte, der den weltweit tiefsten Entwicklungseindruck hinterließ, war der Wirtschaftsphilosoph Adam Smith (1723-1790).

Robert Burns (1759-1796)

In seinem Buch "Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations" legte er mit seiner Theorie, wie in einer wissenschaftlich fundierten Tatsache, fest, daß die Menschheit einen natürlichen Hang zur Selbstverbesserung hat. Erlaube man ihr, ihren natürlichen Bedürfnissen zu folgen, würde sie auch ungewollt eine bessere Welt schaffen: reicher, freier und mit einer besseren Ausbildung; einzige Bedingung ist, Regierungen dürften sich nicht im Weg der sich entwickelnden Märkte stellen. Mit dieser These schuf er den Begriff der freien Marktwirtschaft. Einige andere der herausragenden Persönlichkeiten dieser Zeit waren, Schriftsteller und Poeten wie Robert Burns (1759-1796) und Sir Walter Scott (1771-1832), Maler wie Allan Ramsay (1713-1784) und Sir Henry Raeburn (1756-1823) und Techniker wie James Watt (1736-1819).

Dank dieser großen Köpfe gelang es Schottland, den Anschluss an die gleichzeitig auf dem Kontinent stattfindende Aufklärung zu finden. Während 1796 in Frankreich der kometenhafte Aufstieg Napoleons begann, setzte sich in Schottland der Trend des "Enlightenments" bis ins 19. und 20. Jahrhundert fort. Viele große Persönlichkeiten vollbrachten eine beachtliche Reihe von Ersttaten, Entdeckungen und Leistungen auf den verschiedensten Gebieten. Unter ihnen waren James Clerk Maxwell (1831-1879); Naturphilosoph, Elektrizität und Magnetismus), Sir James "Young" Simpson (1811-1870; Anästhesie), Joseph Lister (1827-1912; Antisepsis), die Schriftsteller Robert Louis Stevenson (1850-1894). und Arthur Conan Doyle (1859-1930), der Entdecker und Afrikaforscher David Livingstone (1813-1873) und der Arzt Sir Alexander Fleming (1881-1955), der das Penicillin entdeckte. John Logie Baird (1888-1946) erfand das Farbfernsehen.

4.6. Das 19. Jahrhundert - Wandel zur Industriegesellschaft

Die Wende zum 19. Jahrhundert war gleichzeitig eine Wende vom Agrar- zum Industriestaat. Großbritannien wurde zum Modellfall der Industriellen Revolution. Diese Entwicklung erreichte Schottland und speziell die Lowlands in den 1820er Jahren. Hand in Hand damit ging ein rapides Bevölkerungswachstum. Eine bisher unerwähnte Auswirkung der Clearances war, daß Zehntausende von Hochländern in die Städte des Zentralgürtels strömten. Sie bildeten die in den neu entstandenen Industriezentren beschäftigte Fabrikarbeiterschaft. Schwierigkeiten bereitete die unterentwickelte Infrastruktur Schottlands: Es gab nur sehr wenige Wege und Straßen.

Wie in England wurden daher ab Beginn des 19. Jahrhunderts in Schottland Kanäle gebaut, die durch die wesentlich ökonomischeren Eisenbahnen allerdings sehr bald überholt waren und an Bedeutung verloren. Die dann einsetzende Zentralisierung der Industrie und die Erschließung von ertragreichen Kohleflözen im südwestlichen Schottland waren die Faktoren, die zum phänomenalen Aufstieg von Glasgow führten. Mitte der 1840er Jahre wanderten auf der Flucht vor der Kartoffelfäule Hunderttausende von Menschen aus Irland ein. Notdürftige Behausungen wuchsen ohne jede Planung besonders um die Fabrikanlagen Glasgows herum. Es kam mehrfach zu Epidemien, und Typhus und Cholera dezimierten ganze Stadtteile.

Trotzdem wuchs aber die Bevölkerung, sowohl aufgrund weiterer Zuwanderungen als auch aufgrund der sich langsam verbessernden Lebensbedingungen. Nach seinem phantastischen Aufstieg unter dem Reichtum der Tabakbarone Mitte des 18. Jahrhunderts, hatte Glasgow mit dem Verlust der Plantagen in Virginia einen dramatischen Niedergang erlitten. Mit der Industrialisierung erhob sich jedoch die Stadt wie ein Phönix aus der Asche. Um 1850 war Glasgow die Arbeiterstadt schlechthin, zuerst aufgrund ihrer Werften, und mit Aufkommen der Eisenbahn als einer Hochburg des Lokomotivenbaus.

James Watt (1736-1819)

Glasgow wurde nach London zur zweiten Stadt des britischen Empire. Großartige Architekten, wie unter anderem David Rhynd, die Burnets, James Thomson, Alexander "Greek" Thompson, Honeyman, und später Charles Rennie Mackintosh hinterließen in dieser Metropole ihr Vermächtnis aus der kleiner werdenden, viktorianischen Welt. Leider ist die Wertschätzung dieser Reichtümer erst in jüngster Zeit wieder erwacht. Mit der Industrialisierung und der sich immer weiter aufblähenden viktorianischen Armee steigerten sich aber in Großbritannien zunächst der Woll- und der Nahrungsbedarf. Das Schaf konnte das alles liefern, und Land gab es im Hochland genug. Schafe machten die neuen Landbesitzer reich.

Schottland begann sich zu verändern. Die Einflüsse einzelner schottischer Persönlichkeiten auf das gesamtbritische Leben waren nicht zu verleugnen. Umgekehrt schwappten aber auch englische Vorstellungen und Gewohnheiten über die Grenze nach Norden. Trotz des Austauschs war Schottland aber weit entfernt davon, von England assimiliert zu werden - viele alte Differenzen blieben bestehen, andere wurden jedoch allmählich beigelegt. Das Land änderte sich so sehr und so schnell, daß Sir Walter Scott 1814 als Postskriptum zu seinen Waverley Novellen schrieb:

"Keine europäische Nation hat sich innerhalb nur eines halben Jahrhunderts so total geändert, wie dieses Königreich Schottland"

Im Parlament in Westminster war Schottland von Anfang an - seit 1707 - deutlich unterrepräsentiert. 1885 entstand allerdings mit dem Scottish Office ein eigenes Ministerium für Schottland. Das Jahr 1875 wurde zum Jahr der Wende, auch wenn der Impuls von England ausging: Erstmals wurde damals den Gewerkschaften das Existenz- und Streikrecht gesetzlich garantiert. Das viktorianische Zeitalter war Großbritanniens große Epoche. Es zeichnete sich durch industriellen Wohlstand, und durch Expansion aus. Als Reaktion auf die Industrialisierung rückte jedoch besonders in England mehr und mehr die Sehnsucht nach Natur und Landschaft in den Blickpunkt; Königin Viktoria war es vor allem, die Schottland in diesem Zusammenhang für sich entdeckte und als urwüchsiges Reiseland populär machte. Während Glasgow mit der Industrialisierung wuchs, entwickelte sich Edinburgh zum Kulturzentrum Schottlands. Mediziner, Philosophen, Wissenschaftler, Ingenieure, und Entdeckungsreisende machten die Stadt durch ihre Errungenschaften bekannt, und Schriftsteller wie Stevenson schrieben über sie.

4.7. Das 20. Jahrhundert - Devolution und Neubeginn

Die Industrielle Revolution hatte vor allem im Westen Schottlands eine riesige Arbeiterklasse geschaffen. Die Mehrheit war entsprechend politisch linksorientiert. Der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg brachte für Schottland sehr bald eine massive wirtschaftliche Depression, denn das Land hing von der Schwerindustrie ab und der internationale Wettbewerb wirkte sich aus. Glasgow wurde politisch "rot". 1929 kam es zu Generalstreiks; zeitweise lag sogar Revolution in der Luft und es drohte militärischer Einsatz. Auf dem Höhepunkt der Depression 1931 waren dann 65% der Werftarbeiter am Clyde arbeitslos. Weil sich die wirtschaftliche Situation in Schottland immer weiter verschlechterte, wurde mit einigem Recht angenommen, daß London die Lage durch Vernachlässigung schottischer Belange verschlimmerte. Der Ruf nach home rule, einer eigenständigen Regierung, wurde in Schottland immer lauter. Die britische Regierung setzte daraufhin 1928 einen Staatssekretär für Schottland mit dem Rang eines Kabinettmitgliedes ein.

Im Zuge dieses ersten Schrittes in Richtung devolution, der verwaltungsmäßigen Loslösung von London, wurde ihm die Leitung der Bereiche Gesundheit, Landwirtschaft und Erziehung in Schottland übertragen. Dieser Minister hatte seinen Sitz im St. Andrew's House in Edinburgh. Doch all das genügte nicht, um in Schottland den Wunsch nach Eigenständigkeit zu unterdrücken. Ein markanter Ausdruck dessen war 1950 die dramatische Entführung des "Stone of Destiny" vom Krönungsstuhl in Westminster Abbey nach Schottland. In den Unterhauswahlen von 1974 gelang dann der 1934 entstandenen Scottish National Party der Durchbruch, nach Stimmen wurde sie zweitstärkste Partei.

Unter Druck der SNP stimmte die britische Labour-Regierung einer Volksabstimmung über begrenzte Selbstbestimmung zu. Das Gesetz zur Volksabstimmung wurde allerdings von anti-home rule Hinterbänklern torpediert, mit Hilfe der Konservativen Opposition brachten sie eine Klausel in die Gesetzgebung ein, demzufolge eine einfache Mehrheit nicht mehr genügen sollte, sondern 40% der Wahlberechtigten mindestens zustimmen mußten. Eine einfache Mehrheit wurde zwar erreicht, aber die 40% Hürde konnte nicht genommen werden. Im September 1997 stimmten in einer zweiten Volksabstimmung 80% der Wahlberechtigten für eine Teilunabhängigkeit Schottlands, in Folge dessen am 6. Mai 1999 nach 300 Jahren wieder ein Parlament für Schottland gewählt wurde.

Seine gesetzgebende Macht erstreckt sich auf die Gebiete Gesundheitswesen, Bildung, lokale Regierung und Verwaltung, Soziales, Wohnungswesen, Wirtschaftsentwicklung, Justiz, Umwelt, Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft, Sport, Kunst und Kultur und verschiedene Bereiche des Transportwesens. Das Parlament wählt einen First Minister (Premierminister) als Leiter der schottischen Exekutive, die das bisherige Scottish Office ersetzt und dem Parlament Rechenschaft ablegen muß. Der erste Amtsinhaber, der allseits beliebte Donald Dewar, verstarb im Oktober 2000. Wie sich allerdings darüber hinaus die Beziehung Schottlands zum Rest Großbritanniens entwickeln wird, und insbesondere, ob es letztlich doch zu einer vollständigen Loslösung kommen wird, muß vorerst offen bleiben.

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